Fohlen ABC 2.0 -Jungpferdeausbildung im Natural Horsemanship

Was sollte ein junges Pferd wann können?

Das Fohlen-ABC 2.0 oder die natürliche Skala der Ausbildung 

 

Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, ein möglichst junges Pferd zu kaufen. Die Vorteile hiervon liegen auf der Hand: Das Pferd bringt möglichst wenige schlechte Erfahrungen und Gewohnheiten mit, es ist gewissermaßen ein unbeschriebenes Blatt und Mensch und Tier können eine intensive Beziehung zueinander aufbauen. 

Trotzdem oder gerade deshalb sollte man sehr genau wissen, was man tut. Denn wie sagt Pat Parelli gerne: “The start of a young horse isn’t anything – it is everything.” 

Mit dem richtigen Start legst du den Grundstein für eine lebenslange Partnerschaft und ermöglichst dem Fohlen, zu einem souveränen Pferd heranzuwachsen, das es in der Welt der Menschen möglichst leicht haben wird. 

 

Vielleicht bist du selbst gerade in dieser Situation und hast dir ein Jungpferd gekauft (oder spielst mit dem Gedanken) oder du bist Stutenbesitzer und überlegst, ob du dir ein Fohlen aus deiner Stute ziehen möchtest. 

Doch auch wenn du bereits ein Pferd mit “Altlasten” hast, ist der heutige Blogbeitrag absolut goldwert für dich – denn im Endeffekt geht es auch bei unseren erwachsenen Pferden um ganz ähnliche Dinge, die sich sehr leicht übertragen lassen. 

 

Um zu verstehen, was die Ausbildung eines Jungpferdes mit der Korrektur eines erwachsenen Pferdes zu tun hat, werfen wir kurz einen Blick in die Geschichte des Parelli Natural Horsemanship: 

Pat bestritt, bevor er die Pferdewelt revolutionierte, unzählige Rodeos und bewies ein gewisses Geschick dafür, sich von einem bockenden Pferd nicht so leicht absetzen zu lassen. Daher lag es nahe, dass er sich im Laufe der Jahre auch immer mehr dem Anreiten junger Pferde widmete. Schnell merkte er jedoch, dass diese Art von “Training” nicht das war, was er mit Pferden erreichen wollte – war es doch mehr ein “Brechen” der Tiere als das Aufbauen einer Partnerschaft. 

Parelli lernte daraufhin viele Jahre bei den besten Horsemen in Amerika. Er lernte andere Wege kennen mit Pferden zu arbeiten, studierte Herden in ihrer eigenen Dynamik und entwickelte selbst ein Programm, das das Anreiten der jungen Pferde nicht nur immens vereinfachte, sondern es auch harmonischer und ungefährlicher gestaltete. Das Parelli-Programm war geboren! 

Anfangs also ein Programm für Trainer und Bereiter, entwickelte es sich über die Jahre zu einem der best-durchdachten Menschen-Trainingsprogrammen in Bezug auf den Umgang und die Arbeit mit Pferden. 

 

Grundsätzlich sollte man das Trainieren und Ausbilden junger Pferde den Profis überlassen – denn nur allzu schnell schleichen sich Fehler ein, die sich später zu unschönen Mustern ausbilden, welche nur schwer zu korrigieren sind. 

Unter gewissen Voraussetzungen, etwa, wenn man schon ein hohes Level im Parelli-Programm erreicht hat oder einen Instruktoren zur Unterstützung hat, kann man sich auch selbst an das “Abenteuer Jungpferd” wagen – immer vorausgesetzt, dass man sich die nötige Zeit nimmt und über das nötige Wissen verfügt bzw. sich Unterstützung holen kann. 

 

Die primäre Aufgabe des Menschen ist es nicht, dem Jungpferd “Kommandos” beizubringen, sondern vielmehr eine Partnerschaft aufzubauen und dem Pferd zu erklären, wie es in unserer zivilisierten Welt zurecht kommt. 

Damit sollte man recht früh beginnen, denn besondere Situationen, wie etwa ein medizinischer Notfall können es schnell nötig machen, dass das Fohlen “zahm” ist. 

Während die Skala der Ausbildung gemäß der FN erst damit beginnt, wenn das junge Pferd geritten wird (alles davor fällt mehr oder weniger unter “Fohlen ABC”), beginnt die Skala der Ausbildung im Natural Horsemanship bereits mit dem ersten Kontakt zwischen Mensch und Pferd. 

 

Im Folgenden möchte ich dir die einzelnen Schritte erläutern und an einigen Beispielen veranschaulichen. Falls du mehr darüber erfahren möchtest, wie junge Pferde “à la Parelli” gestartet werden, dann höre dir gerne auch meine neue Podcastfolge an. Dort berichte ich dir vom großen “Colt start” in Italien. 

 

Die natürliche Ausbildungsskala: 


  • Akzeptiere den Menschen als Freund, als Partner, als Leader: 

Eine echte Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd stellt immer die Grundlage für alles dar, was wir mit dem Pferd erreichen können. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass das junge Pferd möglichst gute Erfahrungen mit den Menschen in seiner Umgebung macht. Das Jungpferd sollte lernen, dass der Mensch sein Freund ist und sich, auch wenn er so aussieht, nicht wie ein Raubtier verhält. Der Mensch sollte viel Zeit damit verbringen, eine Beziehung zum Fohlen aufzubauen, am besten durch das “Friendly Game”. Hierfür dient zunächst der eigene Körper, indem das Pferdchen behutsam an Streicheleinheiten und Berührungen durch den Menschen gewöhnt wird und lernt, sich in Gegenwart des Menschen zu entspannen. Aber auch erste Gegenstände, wie zum Beispiel das Halfter können in diesen Einheiten bereits erklärt werden, indem man das Fohlen damit abstreicht und positive Verknüpfungen schafft. 

Neben dem ausgiebigen “Friendly Game” sollte jedoch auch unbedingt darauf geachtet werden, dass der Mensch nach und nach klare und faire Grenzen setzt. Auch ein Fohlen darf den Menschen nicht umrennen, beißen oder treten! Schließlich ist gegenseitiger Respekt absolute Bedingung für jede Art der Beziehung! 

Mit zunehmendem Alter wird der Mensch immer mehr auch zum Leader für das junge Pferd. Es lernt, Druck zu weichen und einem Gefühl zu folgen, indem man nach und nach die 7 Spiele etabliert. 


  • Akzeptiere den Sattel: Das Drauflegen, das Gurten, das Tragen in Stillstand und Bewegung 

Während der ersten Phase der Ausbildung, wenn das Jungpferd den Menschen kennenlernt, sollte es bereits auch den Menschen neben und über ihm kennenlernen – natürlich alles gemäß dem Alter und der Entwicklung des jungen Pferdes. Das erste Aufsitzen ist hierbei nichts weiter als ein “Friendly Game”. 

Besteht ein Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Mensch, kann damit begonnen werden, dem Jungpferd die Decke, das Pad und den Sattel zu zeigen. Auch hierfür werden wieder die 7 Spiele und Patterns, wie z.B. das “Touch it” genutzt. Kennt das Pferd das neue Objekt, kann gelehrt werden, dass das Pferd das Drauflegen des Sattels akzeptieren kann. Hierfür empfiehlt sich die Strategie von Annäherung und Rückzug. Kann das Pferd dabei Entspannung finden, kann mit dem Gurten begonnen werden. Hierbei ist zu beachten, dass man dies bereits im Vorfeld simuliert haben sollte, etwa indem man das Leadrope um die Gurtlage legt und den Gurt simuliert. 

Durch das rücksichtsvolle Vorgehen können hier üble Zwänge, wie Sattel- oder Gurtzwang gar nicht erst entstehen! 

Wichtig ist, dass das Pferd das Pad oder den Sattel sowohl im Stillstand als auch in der Bewegung tolerieren kann und sich davon nicht eingeengt fühlt. 


  • Akzeptiere den Reiter als Passagier und Steuermann 

Erst, wenn das Pferd die beiden Komponenten “Mensch” und “Sattel” bereits akzeptiert, werden die Einzelteile zusammengefügt und aus dem Mensch wird ein Reiter. 

Hier verhält sich der Mensch zunächst relativ passiv und begleitet das Pferd einfach in seiner Erkundung des neuen Lebensabschnitts. Später kann er nach und nach das Steuer übernehmen und dem Pferd so immer mehr Führung und Form geben. Je nach Horsenality sollte mit der “Steuerung” früher oder später begonnen werden. Klassischerweise beginnt die Ausbildung im Sattel mit dem Werkzeug, das das Pferd bereits vom Boden aus kennt: Knotenhalfter, Leadrope und ggf. Stick. 

Da wir zur Kontrolle nur einen Zügel benötigen, ist es ganz zu Beginn absolut ausreichend, wenn wir das Seil nutzen. Später, wenn wir bereits eine grobe Richtung und Orientierung vorgeben wollen, nutzen wir die Natural Hackamore. Diese hat den Vorteil, dass sie weiterhin ohne Gebiss auskommt und auf bereits bekannte Weise über Nase und Genick wirkt. Gerade bei jungen Pferden im Zahnwechsel ist ein weiterer Vorteil, dass kein Gebiss auf wechselnde Zähne drückt und eventuell Schmerzen oder ein unangenehmes Gefühl hervorrufen kann. 

Je nach Alter, Entwicklungsstand und Horsenality wechseln wir dann auf die Trense. Zuvor muss das Pferd jedoch die grundlegende Lenkung verstanden haben. Erst dann folgt der letzte Schritt der Jungpferde-Ausbildung.


  • Akzeptiere das Gebiss: Das Auftrensen, das Tragen, die Kommunikation damit 

Je feiner die Kommunikation mit unseren Pferden wird und der Fortschritt der Ausbildung vorangeht, desto komplexer kann auch die Hilfengebung erfolgen. Hierfür ist ein Gebiss ein sehr gut geeignetes Hilfsmittel, das wir unserem jungen Pferd erklären können. 

Zunächst geht es um das partnerschaftliche Auftrensen. Hierfür lehren wir das Pferd, ähnlich wie beim Anziehen des Knotenhalfters, dass es sich hierbei wie ein Partner verhalten sollte. Ebenso müssen wir uns dabei wie ein Partner verhalten. Nachdem das freundschaftliche Trensen etabliert ist, kann es sinnvoll sein, dem Pferd zunächst Zeit zu geben, sich mit dem Gebiss auseinanderzusetzen und es positiv zu verknüpfen. Hierfür kann die Trense beim Spielen noch ohne Zügel “blind” auf dem Pferdekopf liegen und das Pferd kann sich völlig ohne Druck damit auseinandersetzen. 

Nach und nach kann die Trense schließlich auch zur Kommunikation genutzt werden. Dies ist der Punkt, an dem das Jungpferd allmählich auch in das Stadium des “Reitpferdes” übergeht und die Skala der Ausbildung des Jungpferdes endet, die lebenslange Weiterbildung jedoch beginnt. 

 

Unser Jungpferd ist nach dieser “Reise” zu einem souveränen Partner herangewachsen und hat bereits viele Herausforderungen und Situationen gemeistert. 

Es ist in allen drei Grundgangarten geritten, war in der Halle/auf dem Platz und im Gelände und akzeptiert den Menschen als Partner und Leader. 

Eine solch umfang- und abwechslungsreiche Ausbildung fordert dem Menschen viel Kompetenz und Gefühl ab. 

Natürlich ist es besonders schön, wenn du gemeinsam mit deinem Pferd wachsen und lernen kannst, dabei solltest du aber unbedingt darauf achten, dass du bereits einige Erfahrungen sammeln konntest und ein gewisses Kompetenzlevel erreicht hast. Alternativ kannst du dir natürlich jederzeit Unterstützung holen. 

Denn, wie Pat Parelli gerne sagt: “Grün und grün gibt blau und schwarz.” oder anders gesagt: Ein unerfahrenes Pferd mit unerfahrenem Reiter ergibt in der Regel blaue und schwarze Flecke ;) 

 

Trotz dieser Fallstricke kann ich dir sagen, dass es sich absolut lohnt, den Weg mit seinem Pferd (und professioneller Unterstützung!) gemeinsam zu gehen. 

Viele Probleme im Umgang und beim Reiten können so gar nicht entstehen und die Verbindung zu deinem Pferd wird einmalig und super intensiv sein! 

Außerdem hast du einen ganz entscheidenden Vorteil gegenüber einem Trainer oder Bereiter: Du hast alle Zeit der Welt! Du kannst die einzelnen Schritte immer dann gehen, wenn du merkst, ihr seid dafür bereit.  Und: Durch den täglichen Umgang mit deinem (Jung-)Pferd kannst du das Gelernte über Jahre intensivieren und festigen. 

 

Doch selbst, wenn du kein Jungpferd hast, oft lohnt es sich, gerade bei schwierigen Pferden, noch einmal an der Basis anzusetzen und das Fundament zu überprüfen – auch hier kannst du dich an der natürlichen Skala der Ausbildung orientieren! 

 

So, und wenn du nun das Gefühl hast, dass dieser Weg genau der richtige für dich ist, dann buch dir gerne ein unverbindliches Kennenlerngespräch, damit wir herausfinden können, wie ich dich und dein Pferd auf dem spannenden Weg des lebenslangen Lernens begleiten und unterstützen kann! 

 

Ich wünsche dir viel Freude mit deinem Pferd und denk immer daran: Alles, was du brauchst, steckt bereits in dir! 

 

Alles Liebe, 

deine Kathi 



Kennst du schon meinen Podcast?

Dein #1 Horsemanship Podcast

Der Creating Horseman Podcast ist der Podcast für alle Pferdemenschen, die sich für gutes Horsemanship und persönliche Weiterentwicklung interessieren und eine echte Verbindung zu ihrem Pferd eingehen wollen. In jeder Podcast-Folge erfährst du Step by Step was die Zutaten für eine verlässliche Pferd-Mensch Partnerschaft sind, wie du Probleme löst und selbst der beste Trainer deines Pferdes wirst.

Jetzt reinhören auf…

Komm in die Creating Horseman- Community!

Facebook-Community

Du willst dich mit anderen Horsemanship begeisterten Freizeitreiterinnen austauschen, Inspirationen für dich und dein Pferd sammeln und alle Themen rund um die Pferd-Mensch Beziehung und natürliches Pferdetraining aus verschiedensten Blickwinkeln kennenlernen?

Dann komm in unsere Facebook-Gruppe. Austausch, exklusive Tipps und digitale Events warten hier auf dich.